Zitat:
Wenn ich den neuen Gesetzesvorschlag richtig interpretiere, soll die "Gefahr durch die Existenz der Maschine"
zukünftig von der (Betriebs-)Haftpflicht abgedeckt sein.
So ähnlich.
Für wenige Fälle (so bei Kfz, Haustierhaltung, Luftfahrzeugen und Atomanlagen) hat der Gesetzgeber eine Schadensersatzpflicht des Halters/Betreibers völlig unabhängig von einem Verschulden (also vorsätzlichem oder fahrlässigen Verhalten des Betreibers/Halters) angeordnet, wenn bei dem Betrieb/der Tierhaltung andere Personen oder Sachen zu Schaden kommen. Das nennt sich Gefährdungshaftung, weil allein schon durch den Betrieb/die Haltung des Haustiers die Gefahr von Schäden ansteigt. Bei Kfz wird sie durch die "mitwirkende Betriebsgefahr" greifbar gemacht, weil bei Unfällen mit mehreren Kfz die Gefährdungshaftung jedes Beteiligten berücksichtigt werden muss. Die mitwirkende Betriebsgefahr ist also ein Faktor bei der Zuordnung von Haftungsanteilen nach Verkehrsunfällen mit mehr als einem Beteiligten. Sie geht davon aus, dass grundsätzlich jedes Fahrzeug, das an einem Unfall beteiligt ist, auch an dessen Verursachung mitgewirkt hat ganz einfach dadurch, dass es zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Die mitwirkende Betriebsgefahr fällt nur dann unter den Tisch, wenn wenn der Verschuldensanteil eines Beteiligten maximal überwiegt (z.B. Suff oder Vorsatz). Nur in solchen Fällen kriegt ein Verursacher 100% der entstandenen Schäden aufgedrückt, ansonsten wird auch ein Unfallbeteiligter, den kein Verschuldensvorwurf (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) trifft, mindestens 20 % des Schadens zu tragen haben. Das kann bis Halbe/Halbe gehen, wenn auf beiden Seiten kein Verschulden oder gleich geringes Verschulden festzustellen ist.
An dieser Stelle kommt § 8 StVG ins Spiel, der die in § 7 StVG grundsätzlich angeordnete Gefährdungshaftung für bestimmte Typen langsamer Kfz aufhebt. Das heißt, wenn ein ausgenommenes Kfz mit einem "normalen" Kfz verunfallt und das Verschulden des unter § 8 fallenden Kfz nicht außergewöhnlich überwiegt, kriegt dessen Halter wegen der mitwirkenden Betriebsgefahr des anderen einen viel höheren Schadensanteil, häufig den gesamten Schaden, ersetzt. Besonders wegen der neueren Fahrzeugtypen wie e-Scootern und Krankenfahrstühlen und deren Beteiligung an Unfällen hält der Verkehrsgerichtstag den § 8 für teilweise veraltet.
Das ist die gesamte Geschichte. Daran, welche Fahrzeuge eine gesetzlich vorgeschriebene Haftpflichtversicherung haben müssen, ändert das nichts. Es geht nur um eine mögliche Verschiebung von Zurechnungsanteilen an Haftpflichtschäden zwischen mehreren Unfallbeteiligten, wenn langsame Kfz mit verwickelt sind. Im Ergebnis wird sich die Haftpflichtversicherung von Kfz, die unter die vorgeschlagene Änderung von § 8 StVG fallen, wegen des etwas gestiegenen Schadensrisikos leicht verteuern. Gekniffen werden bei der Gesetzesänderung nur diejenigen sein, die bisher z.B. auf ihren Motorkarren ein 6km/Uh-Schild draufgepappt haben und meinen, ohne Haftpflichtversicherung auf öffentlichen Straßen fahren zu können. Für sie kann es teuer werden, wenn sie ihre nach gesetzlicher Neuregelung entstandene Betriebsgefahr bei einem Unfall aus eigener Tasche zahlen müssen.