Ja, funktioniert theoretisch auch mit Schnittschutz. Das wichtigste und gleichzeitig schwierigste bei den Dingern ist, zumindest wenn man es sich selbst anlegt, es so fest zu ziehen, dass die Blutung tatsächlich gestoppt wird.
Ich war bis vor eineinhalb Jahren Sani bei der Bundeswehr und bin im Rahmen meiner Sanitätsausbildung auch im Umgang mit Tourniquets geschult worden. Um zu demonstrieren, wie schwierig es ist, das Ding selbst korrekt anzulegen, musste das jeder bei sich selbst am Arm anlegen, bis der Ausbilder bei uns keinen Radialispuls mehr feststellen konnte. Erst dann wäre es im Ernstfall fest genug, um die Blutung zu stoppen. Das hat so höllisch weh getan, dass es enorme Überwindung gekostet hat, es an sich selbst zu machen. Falls einem allerdings ein Bein oder Arm fehlt, wird man in der Situation ohnehin so unter Adrenalin sein, dass man das auch nicht mehr groß merkt.
Absolut lebenswichtig ist aber das Wissen um die richtige Handhabung von Tourniquets! Es gibt für Waldarbeiter inzwischen häufig spezielle EH-Kurse, wo auch das gelehrt wird.
Um bleibende Gewebeschäden oder Embolien mangels Durchblutung braucht man sich laut Langzeitstudien der US Army während der Golfkriege in den ersten zwei Stunden nach anlegen in aller Regel keine Sorgen zu machen. Um darüber einen Überblick zu behalten, haben alle professionell verwendeten Tourniquets ein Beschriftungsfeld, auf dem unbedingt mit einem wasserfesten Stift der minutengenaue Zeitpunkt des Anlegens notiert werden muss! Es gibt zwar Berichte von einzelnen Fällen, in denen Tourniquets bis zu acht Stunden ohne spätere bleibende Schäden angelegt waren, aber das sollte wenn möglich auf jeden Fall vermieden werden, auch wenn der Grundsatz "Leben vor Lähmung" gilt. Mit unserem prinzipiell sehr gut strukturierten Rettungsdienst in Deutschland wird das im zivilen Einsatz aber kaum ein Thema sein. Trotzdem auf jeden Fall den Zeitpunkt des Anlegens auf dem Tourniquet notieren.
Viel wichtiger dürfte im zivilen Einsatz hierzulande aber das korrekte Anlegen überhaupt sein.
Das Tourniquet wirkt nur dann richtig, wenn es um große Röhrenknochen gelegt wird, das heißt Oberarm oder - schenkel! In Unterarm und -schenkel haben wir jeweils zwei Knochen, dort können die entsprechenden Arterien also nicht optimal komprimiert werden! Außerdem sollte das Tourniquet immer möglichst weit Richtung Rumpf angelegt werden. Der nächste Punkt ist, man darf keinerlei Hemmungen haben, es fest genug anzulegen, egal ob bei sich selbst oder bei anderen. Zunächst muss man das Band von Hand schon so fest wie möglich zuziehen, dann den Knebel so fest zudrehen, bis die Blutung komplett steht! Dann den Knebel auf jeden Fall fixieren, damit er sich nicht versehentlich löst, alle Tourniquets haben dafür eine Vorrichtung zur Fixierung. Wenn das Tourniquet einmal angelegt ist, darf es auf keinen Fall gelöst oder auch nur gelockert werden, bis der Rettungsdienst eintrifft! Und auch die werden das dann dran lassen, bis der Patient im KH ist. Andernfalls setzt natürlich zum einen die Blutung wieder ein, zum anderen ist die Gefahr groß, dass der Patient dann an einem Schock verstirbt, auch wenn er vorher stabil schien!
Das wären so die wichtigsten Punkte, die mir zum Umgang mit dem Tourniquet einfallen. Ich empfehle aber dringend, wenn man so ein Teil mitführt, einen entsprechenden Kurs dazu zu besuchen und im Umkehrschluss nur die Gerätschaften zur ersten Hilfe mitzuführen, mit deren korrekter Anwendung man absolut vertraut ist! Die Erfahrung hat gezeigt, dass im Ernstfall mit allem versucht wird zu helfen, man aber mit Gerätschaften, mit denen man nicht umgehen kann, oftmals mehr schadet als hilft.
Und zu guter letzt noch etwas: Alle Tourniquets sind Einmalartikel, das heißt, wenn sie einmal richtig fest angelegt waren, sind sie zu entsorgen und allenfalls noch zu Übungszwecken zu gebrauchen! Die Verbindungen halten diese enormen Belastungen garantiert nur beim ersten Mal aus.
So, das wärs mal von mir zu dem Thema
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Gruß, Felix
Forstwirt-Azubi beim Garten-, Friedhofs- und Forstamt Stuttgart
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Sägen:
550XP Mk I
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