Zitat:
Nennt mir doch mal ein Urteil dagegen.
Aber gern doch.
Strafrecht:Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 20. Januar 2000 – 1 Ss 219/99 –, Randnummer1 - Randnummer5, juris
Gründe
Der Angeklagte hat am 15. Oktober 1996 auf dem Grundstück der Eheleute E ... und T O einen etwa 100 Jahre alten Ahornbaum gefällt. Hierbei wurde E ... O der zu dieser Zeit 51 Jahre alt und Frührentner war, getötet. Der Angeklagte hatte lediglich vor etwa drei Jahren schon einmal einen Baum dieser Größenordnung gefällt. Während seiner Ausbildung war über das Fällen von Bäumen gesprochen worden, einen Lehrgang, der sich im einzelnen mit dem Fällen von Bäumen befasst hätte, hat der Angeklagte nicht besucht.
Der Angeklagte war mit dem Fällen des Baumes beauftragt worden, da Frau O gegenüber dem Angeklagten zum Ausdruck gebracht hatte, ihr Mann solle bei den Fällarbeiten nicht zugegen sein, da diese zu gefährlich seien.
Der Angeklagte zog zu den Fällarbeiten zwei seiner Mitarbeiter hinzu. Er ließ zunächst die Kronenäste bis zu einem Durchmesser von etwa 10 - 15 Zentimeter absägen. Während dieser Arbeiten half Herr O auf dem Boden bei der Beseitigung der Äste, da er nach Aussage seiner Ehefrau gern mit "anpacken" wollte. Vor dem Beginn der eigentlichen Fällarbeit wies der Angeklagte sowohl seine Arbeiter als auch Herrn O auf die Gefährlichkeit der Arbeiten hin und gab die Anweisung, dass sich niemand im Fällbereich aufhalten sollte. Der Angeklagte legte die Fallrichtung des Baumes schräg nach rechts in Längsrichtung eines Schuppens fest. Als Fluchtweg sah er eine Pforte zwischen Schuppen und Hühnerstall vor und öffnete diese. Weitere Absicherungsmaßnahmen traf er nicht, da das Grundstück zum einen durch das Wohnhaus, zum anderen durch ein von ihm selbst gepachtetes Grundstück und im übrigen durch Zäune abgegrenzt war. Der Angeklagte ließ ein etwa 30 Meter langes Seil in der vorgesehenen Fallrichtung, angebracht am Baum einerseits und dem Firmentransporter andererseits, spannen. Die Entfernung zwischen Baum und Firmentransporter betrug etwa 20 Meter. Mit diesem Transporter sollte der Baum in die vorgesehene Fallrichtung gezogen werden. Zunächst begann der Zeuge M mit einer benzinbetriebenen Kettensäge das sogenannte Fallkerb zu schneiden. Da er damit nicht zurecht kam, löste ihn der Angeklagte ab. Der Angeklagte sägte die sogenannte Fallkerbsohle derart tief ein, dass der Schnitt in die vorgesehene Bruchleiste hineinging. Zudem wies das Fallkerb etwas mehr in Richtung Schuppen als ursprünglich beabsichtigt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Herr O in unmittelbarer Nähe des Firmenfahrzeugs. Als der Angeklagte den Fällschnitt setzte, begann der Zeuge M mit dem Versuch, den Baum mittels des Firmenfahrzeugs umzuziehen. Als der Baum jedoch nicht fiel, setzte der Angeklagte Keile zur Unterstützung. Als der Baum immer noch nicht fiel, machte der Angeklagte eine Pause und der Zeuge M unterbrach die Versuche, den Baum umzuziehen, hielt das Seil jedoch unter Spannung. Zu diesem Zeitpunkt ging Herr O zum Angeklagten, ohne dass dieser ihn zunächst wahrnahm. Unmittelbar nachdem er den Angeklagten erreicht hatte, begann der Baum zu fallen, jedoch nicht in die vorgesehen Richtung, sondern seitlich nach rechts. Der Angeklagte rief noch: "Weg hier, der Baum fällt" und lief in Fallrichtung des Baumes fort. Herr O wurde von dem Baum erschlagen.
Der Angeklagte hatte sowohl seine Arbeiter als auch Herrn O vor Beginn der Arbeiten auf die Gefährlichkeit der Arbeit hingewiesen und zudem die Anweisung gegeben, dass sich während der Fällarbeiten niemand im Fällbereich aufhalten solle.
Das Amtsgericht Husum hat durch Urteil vom 26. Mai 1998 den Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt und die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Die Berufung des Angeklagten ist durch Urteil der III. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Flensburg vom 22. April 1999 verworfen worden. Das Landgericht hat seinem Urteil insbesondere die Erwägung zugrunde gelegt, dass der Angeklagte keine Absperrmaßnahmen vorgenommen, keinen Arbeitnehmer mit der Beaufsichtigung des Fällbereichs beauftragt, insbesondere die Regeln der Fälltechnik von Bäumen missachtet und insgesamt keine hinreichenden Sicherheitsvorkehrungen getroffen habe.
...
Zivilrecht: OLG Hamm, Urteil vom 10.03.1989 - 9 U 144/88 -, juris.
Verkehrsunfall durch Baumfällarbeiten
Leitsatz
Läßt ein damit beauftragter Unternehmer durch seine Arbeiter Bäume an einer Kreisstraße fällen, so haftet für einen Unfall, der durch einen auf die Straße stürzenden Baum verursacht wird, neben dem Arbeitgeber auch der Arbeiter, der diesen Baum gefällt hat, wenn er dabei fahrlässig gehandelt hat.
Aus den Gründen:
Bei den Arbeiten ist ein von dem Bekl. gefällter Baum auf die Straße gestürzt und hat den Pkw des Kl. beschädigt. An dieser Eigentumsverletzung trifft den Bekl. auch ein Verschulden. Bei Holzfällerarbeiten, die in der Nähe einer Straße ausgeführt werden, besteht die Gefahr, daß Bäume auf die Straße fallen und dort bei Verkehrsteilnehmern zu Körperverletzungen und Sachbeschädigungen führen. Wegen dieser besonderen Gefahrenlage sind Personen, die solche Arbeiten ausführen, verpflichtet, zuvor entweder selbst geeignete Maßnahmen zur Sicherung der Verkehrsteilnehmer zu ergreifen oder sich zu vergewissern, daß derartige Maßnahmen von anderer Seite ergriffen worden sind. Gegen diese Sicherungspflicht hat der Bekl. fahrlässig verstoßen. Für einen gewissenhaften Holzfäller war erkennbar, daß die von dem Zeugen V. (dem Arbeitgeber des Bekl.) vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen – Anhalteversuche durch Handzeichen – unter den gegebenen Umständen nicht ausreichend waren, um die Verkehrsteilnehmer auf der Straße auch tatsächlich zu einem Anhalten vor der Gefahrenstelle zu veranlassen. Der Bekl. wußte, daß keinerlei Warnzeichen oder sonstige Warneinrichtungen aufgestellt worden waren, um auf die Holzfällerarbeiten hinzuweisen, die für den Verkehr von der Straße aus nicht erkennbar waren. Hinzu kommt, daß die Unfallstelle in einem unbebauten Waldstück gelegen ist, so daß auch damit gerechnet werden mußte, daß Verkehrsteilnehmer aus Angst vor einem Überfall Anhaltezeichen des Zeugen V. nicht beachten würden. Bei dieser Sachlage durfte sich ein normal sorgfältiger Holzfäller auf Anhalteversuche der „Sicherungsposten” als Schutzmaßnahmen nicht verlassen und daher keine Bäume fällen, die auf die Straße stürzen konnten.
Eine andere Beurteilung folgt auch nicht daraus, daß der Bekl. lediglich Arbeitnehmer des Zeugen V. war. Seine Unterordnung unter das Direktionsrecht des Arbeitgebers befreit ihn nicht von seiner allgemeinen deliktischen Verantwortung gegenüber den mit seiner Tätigkeit in Berührung kommenden dritten Personen. Er durfte sich daher nicht darauf verlassen, daß sein Arbeitgeber – trotz der ihm bekannten Sicherheitsmängel – für einen wirksamen Schutz der Straßenpassanten sorgen würde. Aus derselben Erwägung kommt dem Bekl. hier auch das für „gefahrgeneigte Arbeit” geltende Haftungsprivileg des Arbeitnehmers nicht zugute, da dies nur für das Innenverhältnis gegenüber dem Arbeitgeber Anwendung findet.
Der Bekl. ist dem Kl. hiernach als Gesamtschuldner mit dem gesondert in Anspruch genommenen Zeugen V. zum Ersatz des Schadens verpflichtet.